Arbeitskonzept

Rahmenkonzept der BAG Nachsorge

1. Allgemeine Zielsetzung

Die BAG Nachsorge vereinigt bundesweit in der neurologischen Rehabilitation tätige Institutionen und Fachleute, deren Anliegen die Organisation und Koordination einer systematischen und kompetenten Nachsorge für Kinder und Jugendliche ist, die unter den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas oder anderer erworbener Hirnschäden leiden. Betroffene Kinder und Jugendliche und deren Eltern benötigen in unserem Gesundheitssystem eine Vertretung, die ihre Interessen wahrnimmt, da eine große Zahl Betroffener keine gezielte organisatorische und therapeutische Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit den Folgen einer Hirnschädigung erhält oder in Anspruch nimmt. Aus der Arbeit der neurologischen Rehabilitation sind die negativen Konsequenzen einer verzögert einsetzenden oder ungezielten Behandlung hinlänglich bekannt:

Behandlungserfolge stellen sich verspätet oder reduziert ein, das Outcome liegt deutlich hinter dem Erfolg einer Therapie, die zum optimalen Zeitpunkt und in adäquater Koordination notwendiger Therapieinhalte geleistet wird. In der Konsequenz kommt es bei der schulischen und beruflichen Integration immer wieder zu Fehlplatzierungen und mangelhaften Unterstützungskonzepten, Partizipation und Teilhabe sind nicht in individuell angemessener Form zu erreichen.

Das Ziel der BAG Nachsorge ist eine effiziente und an den Grundsätzen der International Classifikation of Functioning and Deseases (ICF) ausgerichtete gezielte Nachsorge, die medizinische, neuropsychologische, therapeutische und pädagogische Interventionen bündelt, um betroffenen Kindern und Jugendlichen die in der ICF geforderte Partizipation und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben weitestgehend zu ermöglichen. Kontakte zu Fachleuten der verschiedenen Phasen der Rehabilitation, eine umfassende Information der Öffentlichkeit und die Beratung der Betroffenen und ihrer Angehörigen sollen dazu beitragen, dass Betroffene die richtigen Wege zu gezielten Versorgungsformen schnell und effektiv finden und ihre gesetzlich geregelte Unterstützung finden können. Nur so kann man den Folgen eines Unfalls oder einer erworbenen Hirnschädigung adäquat begegnen und Spätschäden so gut wie möglich vermeiden. Dabei geht die BAG Nachsorge davon aus, dass ausreichende Behandlungskonzepte zur Verfügung stehen, diese aber nicht in vollem Umfang umgesetzt und hinreichend koordiniert angeboten werden.

2. Klientel

Die BAG Nachsorge vertritt nicht allein die Belange von Kindern und Jugendlichen nach einem Schädel-Hirn-Trauma, sondern ausdrücklich auch Betroffene, die aus anderen Ursachen in der Kindheit oder im Jugendalter eine Hirnschädigung (Schlaganfall, Hirntumor, Enzephalitis etc.) erlitten haben. Auch für sie ist gleichermaßen Nachsorge unverzichtbar.

Die spezielle Vertretung von Kindern und Jugendlichen erscheint notwendig, da gegenüber Erwachsenen besondere Entwicklungsbedingungen zu berücksichtigen sind:

Kinder unterliegen einer spezifischen Entwicklungsdynamik ihrer motorischen, affektiven und kognitiven Funktionen. Der unmittelbar nach der Akutbehandlung und ggf. einer anschließenden Rehabilitationsmaßnahme erreichte Leistungsstand sichert beim sich entwickelnden Kind daher noch nicht die Bewältigung weiterer Entwicklungsschritte - im Zeitverlauf kann noch wiederholt weitere therapeutische Unterstützung notwendig werden.
Kinder können nicht zuverlässig Leistungseinschränkungen berichten, benötigen demnach eine genaue Beobachtung ihrer Leistungsfähigkeit.
Gerade kleinere Kinder benötigen spezielle Förderkonzepte zum Beispiel in Frühtherapie und Kindergarten, Schulkinder benötigen eine Begleitung bei der schulische (Re‑)Integration, um Fehlplatzierungen vorzubeugen.
Jugendliche benötigen spezielle Hilfestellung bei der Integration ins Berufsleben, die nicht vergleichbar ist mit der Fragestellung der Erwachsenen bei der Reintegration in einen bereits ausgeübten Beruf.

3. Definition des Arbeitsfeldes „Nachsorge“

Unter Nachsorge versteht die BAG Nachsorge einen umfassenden Prozess der Begleitung und Unterstützung von der Erstdiagnose oder dem Ende der Versorgung in der Akutklinik (Phase A) bis zur Wiedereingliederung in das Alltagsleben (Phase G)*. Nachsorge umfasst damit alle Phasen der ambulanten und stationären Rehabilitation von Phase A bis G. Angehörige und Betroffene benötigen vom Zeitpunkt der Diagnosestellung Beratung über den weiteren Weg der Betreuung, der über niedergelassene Kinderärzte und Neuropädiater, ambulante Therapien oder eine stationäre Rehabilitationsbehandlung verlaufen kann. Benötigt wird häufig ein Lotse durch den Dschungel von „Hilfsinstitutionen“ und Unterstützungsmöglichkeiten. Zu den ersten wesentlichen Schritten nach Diagnosestellung und nach Akutversorgung gehört eine gezielte neuropädiatrische und alltagsrelevante neuropsychologische Diagnostik zu Klärung motorischer, affektiver und kognitiver Defizite, die in der Folge der Hirnschädigung auftreten können und in der Regel die nahtlose Wiedereingliederung in den gewohnten Lebensrahmen beeinträchtigen. Hieraus lässt sich in der Regel ableiten, welche Therapien notwendig sind, ob eine ambulante Versorgung von Beginn an möglich ist oder ob eine passende Rehabilitationseinrichtung gesucht werden muss. Die Art der Kindertageseinrichtung, die mögliche Schulform, die Art der Berufsausbildung und der geeigneten Wohnform müssen geklärt werden. Nachsorge umfasst die Beratung der Familien bei der Krankheitsbewältigung, innerfamiliären Folgekonflikten und den Auswirkungen auf die Geschwister. Begleitend zum Entwicklungsprozess des heranwachsenden Kindes müssen die erarbeiteten Behandlungsmaßnahmen mehrfach überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.

Die Wiedereingliederung hirnverletzter Kinder und Jugendlicher unter den Aspekten von Partizipation und Teilhabe sind komplexe Prozesse, die multiprofessionell begleitet werden müssen. Notwendig für eine Arbeitsgruppe wie die BAG Nachsorge ist ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Neuropsychologen und Therapeuten, ambulanten und stationären Therapieanbietern, Kostenträgern sowie Rehabilitationsdiensten und nicht zuletzt von einschlägigen Selbsthilfeorganisationen Betroffener.

4. Konkrete Tätigkeit - Öffentlichkeitsarbeit

Die BAG Nachsorge hat sich zum Ziel gesetzt, bisherige Defizite in der Nachsorge und praktikable Lösungsmöglichkeiten öffentlich zu diskutieren. Eltern und Angehörige von Kindern und Jugendlichen mit einer Hirnschädigung, Fachleute aus Medizin, Rehabilitation, Therapie und Pädagogik, ebenso Vertreter von Leistungserbringern/Kostenträgern sollen gezielt angesprochen und informiert werden. Gerade für die Angehörigen von Betroffenen gilt es, die bestehenden gesetzlichen Rahmenrichtlinien zu übersetzen und transparent zu gestalten.

Die BAG Nachsorge sieht ihre Aufgaben in der Aufarbeitung und Bereitstellung notwendiger Informationen, der Aufdeckung von Schnittstellenproblematik, langfristig in der Fortentwicklung eines Versorgungsleitfadens und dessen Anpassung an gesetzliche Rahmenbedingungen und bestehende Strukturen. Es ist nicht daran gedacht, neue Versorgungsstrukturen aufzubauen, sondern bestehende Strukturen besser zu vernetzen, um Effizienzverluste durch Schnittstellenproblematik und Versorgungsdefizite zu vermeiden und die Inanspruchnahme zu verbessern. Hierzu initiiert und unterstützt die BAG Nachsorge wissenschaftliche Studien zum Beispiel aus dem Themenbereich Versorgungsforschung, veranstaltet oder beteiligt sich an Kongressen, Tagungen und Ausstellungen zum Thema neurologischer Rehabilitation und Nachsorge und bemüht sich, Publikationen für Betroffene zur Verfügung zu stellen.

BAG Nachsorge

Kontakt

BAG Nachsorge erworbener Hirnschäden bei Kindern und Jugendlichen

Rainer Lasogga
Trilportstr. 6
78234 Engen
Tel.: 07733 3603705
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